Fermentation nach japanischer Tradition – Brauerei Ferment Basel

Die Fermentations-Künstlerin

Caroline Kulangara ist eine Expertin der Koji-Fermentation und weiss, was der magische Edelschimmelpilz alles kann. Selber braut sie damit eine Sojasauce mit Schweizer Zutaten nach traditionell japanischer Art.

Die traditionelle Konservierungsmethode von Lebensmitteln durch Fermentation ist derzeit ein grosses Thema. So wird Brot wieder mit fermentiertem Sauerteig gebacken und Exotisches wie das koreanische Sauerkraut Kimchi entdeckt. Die alte Konservierungstechnik veredelt Inhaltsstoffe und lässt ganz neue Geschmacksrichtungen entstehen. Heute können sogar Fette, Proteine, Geschmacksverstärker, Farbstoffe können mithilfe von Mikroorganismen wie Algen, Bakterien und Pilzen mit der zukunftsträchtigen Präzisionsfermentation hergestellt werden.

Das Fermentations-Wunder Koji

Gerade in der veganen Küche ist die Fermentation kaum wegzudenken. Neben der Fermentation mit Milchsäurebakterien, wie wir es etwa von Käse kennen, und der mit Hefepilz, wie beim Bier, kommt dem Koji-Pilz, dem Aspergillus oryzae, eine wachsende Bedeutung zu. «Der Edelpilz wird in Japan seit Jahrtausenden zum Fermentieren verwendet», weiss Caroline Kulangara von der Brauerei Ferment in Basel.

Neben Miso und Sake ist das berühmteste Produkt aus der Koji-Fermentation die Sojasauce, die Kulangara nach japanischer Tradition herstellt: «Es gibt in der Küche fast nichts, das die Koji-Enzyme nicht zu etwas Neuem machen können», sagt sie. «Im Gegensatz zur Milchsäure-Fermentation, lässt sich damit auch die Konsistenz verändern. Deshalb ist sie für die Gastronomie so wertvoll.»

«Ich habe grossen Respekt vor der japanischen Sojasaucen-Tradition.»

So wird mit der Koji-Fermentation aus Gemüse vegane Charcuterie hergestellt. Bestreicht man zum Beispiel eine Randenknolle mit dem Schimmelpilz, bekommt sie mit der Zeit eine neue ‘fleischige’ Textur, wird würzig und erinnert an Bündnerfleisch. Mit würzig ist der Begriff Umami gemeint, die fünfte Geschmacksrichtung. Diese ist herzhaft, intensiv, fleischig und eben würzig. Dafür ist die Glutaminsäure verantwortlich, die beim Fermentieren entsteht. Und genau dieses Umami gibt der veganen, pflanzenbasierten Küche das Gehaltvolle, das gerade Fleischliebhabern fehlt.

Caroline Kulangara hat sich über die Jahre zur ausgefuchsten Koji-Expertin entwickelt. Sie hat sich die Kunst angeeignet, dem heiklen japanischen Edelpilz die perfekte Umgebung zu schaffen, die er für sein gutes Gedeihen braucht. Der Koji war schliesslich die wichtigste Voraussetzung für ihr Vorhaben, eine eigene Sojasauce herzustellen.

Erste Fermentations-Versuche in der Küche zu Hause

Ihre ersten Versuche mit dem Koji machte Caroline Kulangara bei sich zu Hause in ihrer Küche. «Ich war schon immer fasziniert von der japanischen Koji-Fermentation und den daraus hergestellten Produkten», sagt Kulangara, die bei ihren ersten Versuchen noch als Wissenschaftlerin einer Start-up-Firma forschte und später am Unispital Basel arbeitete. An eine professionelle Sojasaucen-Produktion dachte sie damals noch nicht.

«Damit sich der Edelschimmel entwickeln kann», erklärt Kulangara, «braucht er am Anfang eine warme, feuchte Umgebung.» Befindet sich der Pilz im vollen Wachstum, produziert er selbst sehr viel Wärme. In dieser Phase muss man ihn also kühlen und belüften, sonst stirbt der Pilz wegen Überhitzung ab. Kulangara übte sich als Koji-Mutter zunächst mit ihrem Backofen. Dazu streute sie Koji-Sporen auf ein Reisbett, schaltete die Backofenlampe als einzige Wärmequelle ein, und schob das Experiment in die Röhre. Sie kontrollierte die Temperatur alle zwei Stunden – auch in der Nacht – um den Koji herunterzukühlen und belüften. Oft hat der Koji nicht überlebt, was für Kulangara nur Ansporn war, weiterzumachen.

Vom Hobby zum Profibetrieb

Heute muss Kulangara über die Zeiten schmunzeln, als sie noch in ihrer Küche den Koji pflegte und die ersten Sojasaucen braute. In der Brauerei-Ferment in einem Stadt-Basler Hinterhof hat sie für den Koji nun ein Profigerät stehen, das aussieht wie ein grosser Gastrokühlschrank. Dort erledigt die Elektronik selbständig die Sicherstellung der richtigen Temperatur und Feuchtigkeit.

Bei der Umstellung auf die professionelle Sojasaucen-Produktion war die Beschaffung eines Gärunterbrechers, der normalerweise in Bäckereien Teiglinge kühlt, aufgehen lässt und wieder abkühlt, noch das Einfachste. Die grösste Herausforderung wurde die Suche nach einer Weizenröstanlage, die ganz gleichmässig röstet. Schlussendlich wurde die Sojabrauerin in China fündig.

Die 350-Liter-Holzfässer, in denen die Sojasauce fermentiert, sind eine Spezialanfertigung aus Dresden. «Meine hier sind aus Lärche und nicht wie in Japan aus Zedern. Aber ich wollte ein europäisches Holz, und die Lärche kommt der Zeder sehr nahe», erklärt Kulangara. Sie hebt die Deckel der Holzfässer, einen nach dem anderen. Beim Hineinschauen, entdeckt man unterschiedlich braue Brühen, die Maische oder auf Japanisch Moromi, die je nach Fermentationsstadium gar nicht, ein wenig oder ganz fest blubbern. «Das Blubbern kommt vom Gärgas, das sich beim Fermentationsprozess bildet», erläutert Kulangara.

Für die Herstellung der Usukuchi Shoyu Sojasauce werden gedämpfte Sojabohnen und der geröstete Weizen – und jetzt kommt der Koji ins Spiel – zusammen mit den Sporen des Edelschimmels gemischt. Nach zwei bis drei Tagen sind Soja und Weizen vom Koji um- und durchwachsen. Dabei werden Proteine und Stärke abgebaut und bilden das Substrat für die einjährige Gärung, aber erst, nachdem Salz und Wasser beigefügt wurde.

Erst der Anfang: Caroline Kulangara macht sich an mehrjährig fermentierte Sojasaucen

Nach der fertigen Gärung wird die Maische zur rohen Namashoyu Sojasauce gepresst und dann durch Sedimentation geklärt und schonend pasteurisiert. Die Bezeichnung ‘Usukuchi Shoyu’ steht übrigens für eine helle Sauce. Das heisst, die Sojasauce stammt in der Regel aus einjähriger Gärung und ist relativ mild im Geschmack.

Kulangara winkt zu einem weiteren Fass: «Hier entsteht meine erste zweijährige Sojasauce», freut sie sich. Nachdem sich die Produktion der einjährigen Sojasauce erfolgreich eingependelt hat, will sie sich an mehrjährig fermentierte Sojasaucen wagen – zunächst an die zweijährige Koikuchi Shoyu und später auch die doppelt gebraute Sashikomi Shoyu Sojasauce. Diese sind dunkler in der Farbe und noch kräftiger und komplexer im Geschmack. Damit steigt Caroline Kulangara den Olymp der Sojasaucen-Herstellung. Das würde sie selber aber nie so formulieren. Denn ihr Erfolg liegt darin, dass sie nie ganz zufrieden ist mit der Qualität ihrer Produkte und sich ständig pusht, noch besser zu werden.

 

www.brauerei-ferment.ch

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