Als Pascal Haag in der Kochlehre war, hatte er keine Ahnung von veganer Ernährung. Heute berät er Unternehmen in der Gastronomie zum Thema vegan und zeigt Profi-Köchen in Workshops, wie pflanzenbasierte Küche funktioniert.
Als Pascal Haag in der Kochlehre war, hatte er keine Ahnung von veganer Ernährung. Heute berät er Unternehmen in der Gastronomie zum Thema vegan und zeigt Profi-Köchen in Workshops, wie pflanzenbasierte Küche funktioniert.
ENJOY HACO: Pascal Haag, Ihre Anfänge liegen in der traditionellen Gastronomie. Wie sind Sie zum Veganer geworden?
Pascal Haag: Nach meiner Kochlehre habe ich in Restaurants gearbeitet, wie sie Anfang 2000 noch typisch waren. Auf dem Teller spielte das Fleisch die Hauptrolle. Alles andere, vor allem das Gemüse, war Nebensache.
«Die Zukunft liegt klar in der pflanzenbasierten Küche.»
Schon damals interessierte ich mich für die vegetarische Küche – von vegan war damals noch gar nicht die Rede. Dabei fiel mir auf, wie beschränkt das Angebot war. So habe ich angefangen, mich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen. Für mich war klar: Das ist die Zukunft. Zum Veganer wurde ich erst viel später.
EH: Zu dieser Zeit heuerten Sie im legendären vegetarischen Restaurant Hiltl in Zürich an, das damals auch noch kein explizit veganes Angebot hatte.
PH: Genau, ich hatte dort zunächst in der Küche angefangen und konnte später das Hiltl Kochatelier mitaufbauen. Dieses bietet Kochkurse und Kochevents an. Gleichzeitig war ich auch für die gesamte Rezeptentwicklung verantwortlich und habe im Laufe der Zeit immer mehr vegane Rezepte entwickelt. Wie zum Beispiel meine wohl bekannteste Kreation, das vegane Hiltl Tatar. Selbst renommierten Spitzenköchen gelang es nicht, dieses Gericht als fleischlose Variante zu erkennen.
EH: Dann wurden Sie also im Hiltl zum Veganer?
PH: Nein…(lacht). Ich ass zu dieser Zeit zwar vorwiegend vegetarisch, konnte aber noch nicht ganz auf Fleisch verzichten. Ausserdem hätte ich mich damals auch gar nicht getraut, mich als Vegetarier zu outen – geschweige denn als Veganer. Gerade als Mann war das seinerzeit noch schwierig, man galt schlicht als Weichei.
«Ein Veganer galt lange Zeit als Weichei.»
Ein Wendepunkt kam, als ich mich mit der Tierhaltung noch intensiver auseinandersetzte und das Buch ‘Tiere essen’ von Jonathan Safran Foer las. Von da an konnte ich kein Fleisch mehr essen und habe es ganz aus meiner Ernährung gestrichen.
Mit der Zeit folgte der für mich konsequente Schritt auch andere Lebensmittel tierischen Ursprungs zu verzichten. Mein Weg zum Veganer war also ein langer Prozess.
EH: Welches sind die Hintergründe Ihres Veganismus?
PH: Für mich steht die Tierethik klar im Vordergrund. Später kam das Thema Klima, Umwelt und Welthunger dazu. Für viele spielt auch die Gesundheit eine wichtige, gerade weil tierische Fette problematisch sind. Für mich ist das aber kein Thema, da ich mich schon immer gesund ernährt habe. Man kann sich auch als Veganer ungesund ernähren mit stark prozessierten pflanzlichen Lebensmitteln.
EH: Heute sind Sie selbständig und beraten die Gastronomie zum Thema vegane Küche. Wie ist es dazu gekommen?
PH: Ich wusste nach der Zeit im Hiltl, dass ich auf diesem Gebiet bleiben möchte. Nach Reisen durch Kalifornien, wo die vegane Küche viel fortgeschrittener ist, und Asien, einer Region, die traditionell viele vegane Gerichte hat, war für mich klar, dass ich mich selbständig mache. Ich sah im Bereich vegan ein grosses Potential in der Gastronomie – gerade bei Schulungen von Köchen, für Rezeptentwicklungen und als Berater.
«Rund ein Fünftel der Schweizer sind Flexitarier:innen.»
EH: Es gibt ja nur knapp ein Prozent Veganer:innen in der Schweiz. Wieso soll ein Gastronom für eine solch kleine Minderheit kochen?
PH: Es geht nicht nur um Veganer:innen, sondern auch um die vielen sogenannten Flexitarier:innen, die ganz bewusst für mehrere Tage in der Woche auf tierische Produkte verzichten. Und man darf nicht vergessen, dass sich der Anteil Veganer gerade bei den Jüngeren massiv erhöht.
Die Gastronomie kann sich der aktuellen Klimathematik nicht entziehen. Nur so ist es möglich, zu einem verantwortungsvollen Bewusstsein im Umgang mit Menschen, Tieren und der Natur kommen. Wir Köche können so zeigen, dass das Weglassen von tierischen Lebensmitteln kein Verzicht bedeutet, sondern damit neue kulinarische Genüsse entdeckt werden können.
EH: Man hört oft, dass Gemüseküche viel aufwändiger sei. Wie sehen Sie das?
PH: Mit Gemüse zu kochen kann aufwändig sein, vor allem wenn man alles rüstet. Das mache ich aber nicht mehr, da ich nach dem Prinzip aus meinem Kochbuch «Leaf to Root» koche, also alle Teile vom Gemüse verarbeite. So gare ich einen Sellerie ungeschält als Ganzes im Ofen. Mit diesem Ansatz ist es möglich, schnell und einfach arbeiten. Im Profibereich ist das ja sehr wichtig.
EH: Was sind Ihre veganen Kochtipps für Profigastronom:innen?
PH: Wer noch keine Erfahrung mit der veganen Küche hat, kann sich von Klassikern aus dem Nahen Osten, Indien oder Südostasien inspirieren lassen, die seit schon immer rein pflanzlich waren.
Ein guter Einstieg sind auch die Fleischalternativen, damit können vertraute Gerichte aus unseren Breitengraden veganisiert werden, zum Beispiel ein Geschnetzeltes aus Seitan mit Rösti oder eine Bolognese aus Sojahack.
«In meiner Küche ist das Gemüse der Star.»
Die grösste Herausforderung ist die vegane Gemüseküche. Dabei wird das Gemüse zum Star, also zum Hauptteil des Gerichts. Da stellt sich die Frage, was denn dazu die Beilage sein könnte. Bei neuen Gerichten wähle ich ein Hauptgemüse und schaue, was dazu passen könnte. Darum herum baue ich das ganze Gericht wie etwa ein Schwarzwurzel-Tatar, das ich mit Seidentofu und getrockneter Limette abrunde.
EH: Wie können Profi-Köch:innen die Gemüseküche meistern?
PH: Viele Köch:innen kennen nur gedämpftes Gemüse als Beilage. Wie Gemüse richtig schmackhaft zubereiten, bleibt dabei oft ein Rätsel. Damit das gelingt, sollten Köche neue Kochmethoden ausprobieren. Gemüse kann man zum Beispiel rösten, fermentieren oder schmoren – und jedes Mal schmeckt es anders.
Auch Kombinationen mit Gewürzen sind in der Gemüseküche wichtig. Es ist auch hilfreich selbst in ein veganes Restaurant essen zu gehen, einen Kurs zu besuchen, den oder ein veganes Kochbuch anzuschauen und sich dort inspirieren zu lassen.