Was mit einem veganen Foodtruck begann, ist heute ein blühendes Foodunternehmen mit einer Produktionsstätte für Fleischersatzprodukte und einer veganen Bäckerei. ENJOY hat sich mit dem Gründer Kevin Schmid getroffen.
Was mit einem veganen Foodtruck begann, ist heute ein blühendes Foodunternehmen mit einer Produktionsstätte für Fleischersatzprodukte und einer veganen Bäckerei. ENJOY hat sich mit dem Gründer Kevin Schmid getroffen.
Wir sitzen mit dem Berner Vegan-Food-Jungunternehmer Kevin Schmid in der Bäckerei Bakery Bakery im Breitenrain Quartier, die zu Schmids Firma Outlawz Food gehört. Das vegane Gipfeli schmeckt so fein, dass niemand auch nur eine Träne der Butterversion nachweint, und im Cappuccino rundet die Hafermilch den Kaffee schön ab.
Schmid scrollt auf seinem Handy durch sein neues Online-Kalendertool. Der Tag ist vollbepackt, immer läuft etwas, überall ist er gefragt: «Manchmal muss ich mich etwas bremsen. Ich habe immer wieder neue Ideen, die ich umsetzen möchte.» Aber jetzt ist er hier, sitzt am Tisch, um seine Geschichte zu erzählen.
Damals war er bereits Veganer und störte sich am fehlenden tierproduktfreien Food-Angebot. Die Lust auf einen richtig guten veganen Burger – «aber ja keiner mit nur Gemüse» – war derart gross, dass er beschloss, die Sache selber an die Hand zu nehmen. «Das Lustige ist ja, dass ich mittlerweile Gemüse sehr gerne mag», sagt er. «Aber gehöre zu denen, die eigentlich mehr Bodenständiges mögen.»
Seine Mission ist seither klar: Veganer:innen – und solchen, die es werden wollen –kulinarische Traditionen in einer veganen Variante anzubieten. «Wenn man zwanzig oder dreissig Jahre lang Rösti mit Speckwürfel gegessen hat, kann man diese nicht einfach so weglassen, ohne etwas zu vermissen», weiss er.
2018 startete Schmid mit seinem bunt besprayten Outlawz-Foodtruck. Dort gab es neben seiner veganen Burger-Kreation mit einem Patty aus dem Weizenprotein Seitan auch den veganen Döner auch Pommes und dazu hausgemachten Eistee. So richtig durchgestartet ist er bei der Zwischennutzung auf Berner Schützenmatte im Winter 2019, nicht im Foodtruck, sondern in einem Zirkuszelt mit Küchencontainer & selbst umgebautem alten Linienbus. Mit dem Foodtruck tourte Schmid und seine Crew weiterhin an unzähligen Festivals.
Heute ist Outlawz ein wachsendes Unternehmen. Mit Unterstützung eines Investoren konnte 2021 der Produktionsausbau in Thun durchgeführt werden. Dort hat Outlawz die Produktionsstätte des veganen Milchprodukte-Unternehmens New Roots für ihre Fleischersatzproduktion. Hier gilt Schmids Credo, dass alle Produkte geschmacklich dem Original so nahekommen, dass man beim Essen kein Gefühl von Genuss-Verzicht aufkommt.
In Thun werden Outlawz Geschnetzeltes, Satay-Wings, Ragout, Döner und sogar Speck aus Bohnen produziert. Schmid: «Am Speck haben wir über ein Jahr lang getüftelt und mehr als 40 Prototypen hergestellt. Ein guter veganer Speck herzustellen, ist eine echte Herausforderung». Die Fleischersatzprodukte findet man nicht nur in kleineren Geschäften, sondern mittlerweile auch bei Grossverteilern.
In der ehemaligen Bäckerei Weibel im Breitenrain, zu der auch ein Laden und ein Café gehören, wird für alle Bakery Bakery- Standorte tierproduktfrei gebacken: Hummus-Bagel, Croissants, Spitzbuben, Berliner, Ginkenschiipfli, Torten und Brote. Filialen gibt es mittlerweile am Berner Bahnhof, in der Länggasse, in Biel und am HB Zürich. Bäcker Weibel hat zwar sein Geschäft an Outlawz verkauft, unterstützt jedoch die neuen Besitzer mit seinem Bäckerwissen.
Alleine kann Schmid die Produktentwicklung und Produktion sowieso nicht mehr stemmen: «Wir haben auch eine Lebensmitteltechnologin und einen Produktionsleiter eingestellt. Wenn nötig, holen sie sich Profi-Unterstützung von aussen.» Bei Outlawz stehen mittlerweile über 50 Mitarbeiter:innen auf der Lohnliste.
Für einige Monate führte Schmid auch das Gourmet-Restaurant Lil Radish mit Küchenchef Dominik Jünkel am Herd, das aber pandemiebedingt nicht überlebte, jedoch wieder ab und zu als Pop-up öffnet. Der Lockdown habe auch sie mit voller Wucht getroffen, fünf Projekte hätten sie gestoppt. «Wir mussten auf zwei Dinge fokussieren: auf die vegane Bäckerei und die Fleischersatzprodukte», sagt Schmid.
Was Schmid aber nicht daran hindert, immer wieder neue Projekte anzureissen. Er will sein Unternehmen sojafrei machen und klimaneutral. Und kürzlich hat er das vegane Food-Festival Menta mitgegründet, das viele vegane Player:innen vereint. Die vegane Szene sei gut vernetzt, Konkurrenzdenken gibt es laut Schmid kaum. «Man hilft sich gegenseitig, bildet Kooperationen oder tauscht sich aus.»
Schmids Begründung klingt naheliegend: «Man kann auf einem Gericht aufbauen, das man bereits kennt. Zudem kann jedes vegetarische Gericht ohne grossen Aufwand veganisiert werden.»
Was viele Gastronom:innen beim Thema tierproduktfrei vergessen würden, sei, dass nicht nur Veganer:innen damit abgeholt würden, sondern auch Vegetarier:innen, die vielen Flexitarier:innen und alle, die aus kulturellen Gründen keine tierischen Lebensmittel konsumieren.
Dass die Ernährung der Zukunft tierproduktefrei ist, davon ist Schmid überzeugt. «Ich hatte im richtigen Moment die Idee mit dem veganen Foodtruck und einfach losgelegt.» Was alles spontan angefangen hat ist heute ein Business mit einer Unternehmensstrategie und einem Wachstumsplan. Am ersten veganen Menta-Festival tritt Outlawz Food als Hauptsponsor auf. So wie die ganz Grossen im Foodgeschäft.