Sein Handwerk hat McMaster in Sterneküchen gelernt und zudem Praktika bei The Fat Duck von Heston Blumentahl und im Noma bei René Redzepi absolviert. Doch die Welt der Haute Cuisine war ihm zu dekadent. Erst die Arbeit in der Küche des Londoner Lokals St. John bei Fergus Henderson, der mit dem Nose-to-tail-Konzept weltweit für Furore sorgte, fand er um einiges befriedigender, wenn auch nicht radikal genug. Dass zehn Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen auf nicht verbrauchte Lebensmittel zurückzuführen sind – für McMaster eine unhaltbare Situation. Seine Schlussfolgerung: Auch die Gastronomie hat da Verantwortung zu übernehmen. Auf einer Reise durch Australien 2011 eröffnete er schliesslich zusammen mit einem Kumpel in Sydney und Melbourne das erste Zero Waste-Pop-Up-Café ‘Wasted’. Die Gäste waren begeistert, ein paar Auszeichnungen gab’s auch. Der Zero Waste-Chef kehrte nach England mit einem grossen Erfahrungsschatz zurück, entschlossen ein 100 Prozent abfallfreier Gastronomiebetrieb auf Gourmet-Niveau zu eröffnen. Ganz nach dem Motto: Das wirksamste Mittel, Nachhaltigkeit in der Gastronomie zu fördern: Mit einem schönen Lokal und köstlichem Essen überzeugen.
«Was aus der Natur kommt, ist wertvoll und sollte mit Respekt behandelt werden.»
Vor seinem Umzug nach London 2019, öffnete vier Jahre zuvor Silo seine Tür erstmals in einem Lagerhaus in Brighton an der englischen Küste. Das Zero Waste-Lokal schlug sofort hohe Wellen: Ein so radikal nachhaltiges Restaurant gab es bisher noch nicht – vor allem keins, das derart köstliche Speisen auftischte. McMaster arbeitete ausschliesslich direkt mit Produzenten und Landwirten – der Zwischenhandel wurde gleich abgeschafft. Einwegplastik im Restaurant verband und Lebensmittel wurden ausschliesslich in Mehrweg-Behältern transportiert. Die Mitarbeiter schulte er im Mehlmahlen, Brotbacken und in der Zubereitung von Vollwertkost, mit dem Ziel, dass keine Lebensmittel verschwendet werden.
«Alles sogenannt Unedle, oder was gar nicht für den Verzehr in Betracht gezogen wird, verwandelt das Silo in Gourmetgerichte.»
McMasters Blick geht heute über sein Restaurant Silo hinaus. Er startete eine Online-Kochschule mit kurzen Videos. Darin zeigt er, wie man Unkraut in etwas Essbares verwandelt oder stellt eine Sous-Vide-Alternative ohne Plastik vor. Er hält Vorträge, etwa an der MAD Academy in Kopenhagen, der von René Redzepi gegründeten Schule, die das Gastgewerbe reformieren will. Und er propagiert das Prinzip Wiederverwertung statt Rezyklieren. Um vom herkömmlichen, energieaufwändigen Altglas-Recycling wegzukommen, hat er sich zum Beispiel zwei Maschinen besorgt. Die eine mahlt das Altglas zu Sand, die andere verfeinert sie zu Puder. Aus dem Glaspuder kann Porzellan hergestellt werden – bei zirka 1000 Grad niedrigerer Hitze als beim Einschmelzen von Altglas, was eine grosse Energieersparnis bringt. Nach über zehn Jahren Zero Waste-Erfahrung hat McMaster den steinigen Weg zu mehr Nachhaltigkeit für Gastronom:innen mehr als nur geebnet. Er hat bewiesen, dass es machbar ist.
silolondon.com
Bilder: Matt Russell, Clare Lewington, Justin De Souza