Brotabfälle haben einen grossen Anteil an Food Waste

Wie aus Brotabfällen ein feines Bier entsteht

Dominic Meyerhans und sein Team haben das Food Waste-Start-up Damn Good Food & Beverages gegründet – und stellen Bier und Balsamico-Essig aus unverkauftem Brot her. Was sie dazu bewegt hat und warum die Kreislaufwirtschaft die Rettung im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung ist.

 

Beim Thema Food Waste gibt es zwei Spitzenreiter, die immer und immer wieder weggeworfen werden: Brot und Molkereiprodukte. Allein Brot macht 55 Prozent der Lebensmittelabfälle in der Schweiz aus. Dominic Meyerhans kennt das Problem aus erster Hand. Als Betreiber der Meyerhans Mühlen in Weinfelden in sechster Generation weiss er um das Dilemma: «Wir haben viel mit dem Bäckereisegment zu tun und da gibt es einen Zielkonflikt bei den Bäckereien: Die Konsumenten wollen volle Regale und Brot in Hülle und Fülle bis Ladenschluss, und gleichzeitig wollen wir Food Waste minimieren.» Denn so bleibt immer etwas übrig. So viel, dass laut einer Studie des Vereins United Against Waste jeder vierte Brotlaib in der Schweiz in der Tonne statt auf dem Teller landet. «Und da haben wir gesagt: Wir brauchen eine Lösung, wo wir Brot, das nicht verkauft wurde, einer neuen Verwendung zuführen können.»

 

Die Idee kam beim Mittagessen

Die Idee, aus übrig gebliebenem Brot Bier herzustellen, kam Meyerhans beim Mittagessen. «Wir haben wirklich auf einer Papierserviette skizziert», sagt er und lacht. «Wir hatten viele Ideen, aber wir wollten ein Produkt herstellen, das wieder ein Lebensmittel ist und das sicher ist.» Die Wahl fiel dann schnell auf Bier. «Man kann Brot im Brauprozess gut als Gerstenmalzersatz einsetzen, und durch die Erhitzung ist es auch ein sicheres Produkt.» Acht Monate lang wurde bis zum Endprodukt gefeilt: dem «Bread Beer» – Bier aus Brot. Das Besondere: «Wir ersetzen einen Drittel bis zur Hälfte des Gerstenmalzes mit Brotbrösmeli.» Pro 100 Liter Bier können auf diese Weise rund acht Kilogramm unverkauftes Brot verwertet werden.

In Zusammenarbeit mit der bekannten Brauerei Locher in Appenzell

Die Damn Good Food & Beverages wurde als Schwesternfirma der Meyerhans Mühlen gegründet und der Entwicklung und dem Vertrieb von nachhaltigen und genussvollen Produkten verschrieben, konnte für ihr Vorhaben die Brauerei Locher in Appenzell gewinnen. «Die fanden die Idee sofort super! Der Braumeister hat es als persönliche Herausforderung angesehen, das beste Bier aus Brot zu machen», so Meyerhans. «Man braucht immer jemanden, der mit Herzblut dabei ist.»

Das Brot muss bestimmten Standards entsprechen

Das Brot bekommt Damn Good Food & Beverages aus Bäckereien, wo es nicht verkauft wurde. Um Bier brauen zu können, muss es aber bestimmten Standards entsprechen: «Wir können nur Brote annehmen, die Weizenmehl, Wasser, Hefe und Salz enthalten», so Meyerhans. Brote mit Fett oder Butter seien nicht möglich, da man dann keinen stabilen Schaum erzeugen könne. Und es dürfen auch keine Allergene enthalten sein. «Wir ziehen ein repräsentatives Durchschnittsmuster von jeder Charge an Brotbrösmeli, die wir ins Labor schicken, um sie auf Mikrobiologie und Allergene zu prüfen. Erst wenn uns das Labor das Okay gibt, geben wir sie an die Brauerei weiter.»

 

Von «Circular Economy» und «Upcycling»

Das Prinzip von Damn Good Food & Beverages basiert auf Upcycling, das Wiederaufwerten von Lebensmitteln, die sonst im Abfall landen, in ein neuwertiges Produkt. Es geht darum, den gesamten Kreislauf zu schliessen – Circular Economy – und Dinge und Lebensmittel wiederzuverwenden. Der Erfolg zeigt sich auch in der Ökobilanz eines Produktes, bei der das Bread Beer sehr gut abgeschnitten hat. «Wir setzen weniger primäre Rohstoffe ein, das bedeutet eine geringere Landnutzung, weniger Wasserverbrauch und CO₂», sagt Meyerhans. «Da sind wir besser als konventionelles Bier.» Aber ein Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz allein würde ein Produkt noch nicht verkaufen. «Die Idee am Anfang war, dass wir Käufer finden, die die Welt retten wollen und darum das Bier trinken. Aber das gibt es nicht, das muss ich Ihnen offen sagen“, sagt Meyerhans. Ein Produkt wie das Bread Beer müsse zuallererst gut schmecken.

Ein weiteres Produkt ist der Aceto Pansamico, angelehnt an den originalen Balsamico-Essig aus Modena. Auch dieses wird in der Brauerei Locher nach einem ähnlichen Verfahren hergestellt. Die Brotbrösmeli werden einem anderen Gärungsprozess unterzogen, und durch den Abbau der Stärke entsteht ein süsses Produkt. Ein Bieressig wird hinzugefügt und fertig ist der Brot-Balsamico.

Die Motivation hinter dem Ganzen? «Alle sprechen heute von Nachhaltigkeit und der Vermeidung von Food Waste, aber es gibt nur sehr wenige konkrete Beispiele, wo das wirklich umgesetzt wird», sagt Meyerhans. «Wir reden nicht nur darüber, wir tun auch etwas dafür.» Weitere Produkte auf Basis von Brot sollen folgen. Als Nächstes darf Meyerhans nun bei Weihenstephan, der ältesten Brauerei der Welt, über Brot-Bier referieren.

dgfb.ch

 

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