Veganismus in der Schweiz

Die vegane Welle ist nicht mehr zu stoppen.

vegan hummus salat tomaten teller tisch

Die vegane Küche verliert ihren Exotenstatus. Pflanzenbasierte Ernährung, die ohne tierische Lebensmittel auskommt, findet auch bei Nicht-Veganer:innen Anklang. Dabei steht der Genuss im Vordergrund – nicht der Verzicht.

«Kitchen Challenge» zwischen Tim Mälzer und Sven Wassmer: «Vegan ist eine Entwicklung, die sich nicht vermeiden lässt», sagte der deutsche Kochstar mit sarkastischem Unterton zu seinem Schweizer Kollegen. Die Zeiten, in denen die vegane Küche nicht ernst genommen wird, sind offenbar vorbei. Auch beim Liebhaber der bürgerlichen Küche, Tim Mälzer.

Dass in Zukunft pflanzliche Produkte fester Bestandteil jedes Restaurants sein werden, sagt auch Food Expertin Hanni Rützler, die jährlich den viel beachteten Food Report veröffentlicht. Der Akzeptanz hin zu einer pflanzenbasierten Küche steigt, angetrieben durch das wachsende Bewusstsein für den Tierschutz sowie Gesundheits- und Umweltbelange. Dass vegan die Ernährungsweise der Zukunft ist, stellt auch das HACO Innovation Lab, das sich mit Ernährungstrends befasst, fest.

«Die Akzeptanz der veganen Küche steigt.»

Zu den Restaurants, die in Zukunft auch ökonomisch erfolgreich sein werden, zählen laut Rützler solche, die vegetarischen und veganen Gerichten einen höheren Stellenwert einräumen – auch kulinarisch.

Heute befriedigen vegane Gerichte nicht nur die Gaumen makrobiotischer Eiferer, sondern auch die von veritablen Geniesser:innen. Vegane Gourmet-Restaurants in der Schweiz boomen. Was bei der Caminada-Schülerin Zizi Hattab, die auch bei Daniel Humm in New York in der Küche stand, in ihrem veganen Restaurant «Kle» in Zürich auftischt, ist Küche vom Feinsten.

Auch Tobias Hoesli ist mit seiner «Marktküche» ein weiteres Aushängeschild der veganen Zürcher Spitzengastronomie. Dass diese beiden Restaurants ohne Produkte tierischen Ursprungs auskommen, ist kaum zu merken – besser gesagt: völlig egal. Es geht hier um das Spiel von Geschmäckern und Texturen.

Was vegane Gourmetlokale vereint, ist, dass sie gar nicht erst versuchen, bei ihren Gerichten den Geschmack von Fleisch zu imitieren oder mit Fleischersatzprodukten zu arbeiten. Vielmehr kreieren sie aus Gemüse, Früchten, Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Kräutern einzigartige Gerichte.

«Vegane Gerichte in die bestehende Menükarte integrieren – ein Trend in der Gastronomie.»

Auch immer mehr traditionelle Gastronomiebetriebe passen sich an und bieten zusätzlich zum regulären Angebot vegane Menüs an. So besteht im Restaurant Giodi des Bündner Hotel Saratz knapp die Hälfte des Angebots aus veganen Speisen. Möchte ein Gast trotzdem Fleisch essen, kann er dies dazu bestellen. Andere Lokale verzichten ganz auf Fleisch und Fisch, aber noch nicht ganz auf andere tierische Produkte und bieten eine Mischform aus vegetarischem und veganem Angebot.

Interessant ist, dass auch die Systemgastronomie veganer wird. Seit drei Jahren lädt die Vegane Gesellschaft Schweiz gemeinsam mit der Organisation Veganuary dazu ein, jeweils im Januar eine rein pflanzliche Ernährung anzubieten. Also jenem Monat, in dem sich alles um vegane Ernährung dreht. Davon liessen sich die über 40 ZFV-Betriebe und der SV Group davon inspirieren und servierten vegane Gerichte wie Ravioli mit Linsenfüllung, Thai Curry oder Paella mit roten Linsen und Gemüse.

«Vegane Fleischbällchen bei Ikea»

Auf Fleischersatzprodukte setzen die Restaurants von Ikea. Sie bieten ihre berühmten Köttbullar Fleischbällchen nun auch in einer veganen Variante aus Erbsenprotein als Plantbullar an und rechnet vor: Die vegane Variante macht gemäss Ikea nur 4 % der Klimabilanz aus. Bei einer Milliarde Köttbullar, die jährlich verkauft werden und durch die vegane Variante ersetzt werden, macht das sich beim ökologischen Fussabdruck wesentlich bemerkbar.

Auch Burger King bietet den Whopper-Burger als pflanzenbasierte Version aus Soja und Weizen an. Auch kleinere, vegane Lokale, die fleischlose Burger anbieten, spriessen überall in der Schweiz wie Pilze aus dem Boden, wie etwa La Manufacture in Basel, Hans im Glück in Winterthur, Karls Kraut in Luzern oder Unmeat in Zürich. Die Pattys werden dabei ganz unterschiedlich hergestellt – von solchen aus Erbsenproteinen, Tofu, Falafel bis zu Gemüse und Linsen.

Ob die Zukunft tatsächlich vegan sein wird, wie viele Experten dies prophezeien, ist noch nicht ganz klar. Worin sich aber alle Experten einig sind:  Der vegane Markt signifikant wird wachsen.

Weshalb Veganer:innen ganz auf tierische Produkte verzichten

Da sind einerseits die Haltungsbedingungen der Tiere – auch in der Milch- und Eierindustrie. Diese sind gemäss Veganer:innen nicht tierfreundlich und würden sogar Tierleid verursachen.

Ein weiterer Grund ist, dass vegane Ernährung einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet, da damit der CO₂-Emissionswert und der Wasserverbrauch stark reduziert werden:

  • Für die Produktion eines Kilos Schweizer Rindfleisch werden 12 bis 13 Kilo CO₂ ausgestossen. Bei Linsen sind es nur 0,7 Kilo CO₂.
  • Ein Liter Vollmilch belastet das Klima mit 1,63 kg CO₂. Pflanzendrinks verkleinern unseren Fussabdruck um ein Drittel bis fast zur Hälfte. (Quelle: WWF Schweiz)
  • Pro 1000 kcal Rindfleisch werden 407 Liter Wasser verbraucht, bei Hülsenfrüchten gerade nur 30 Liter.
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