TREND LOCAL EXOTICS – Fokusthema

Die etwas anderen regionalen Lebensmittel

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Wenn wir über exotische Produkte sprechen, beziehen wir uns in der Regel auf Importware. Früchte, Kräuter oder Getreidesorten, deren Anbaumethoden und Transportwege meist alles andere als ökologisch nachhaltig sind. Doch immer mehr innovative Produzenten möchten das ändern. Weshalb Local Exotics eine bedeutende Rolle in der Küche spielen.

Gebratene Shiitake, scharfer Papaya-Salat oder erfrischendes Yuzu-Sorbet: Wirft man einen Blick auf die Speisekarten innovativer Restaurants, lassen sich immer mehr Exoten aus Asien, Afrika und Südamerika finden, die dem verwöhnten Gaumen des Gastes Abwechslung bieten.

Das Interesse an Neuem ist gross. Doch neben dem kulinarischen Fernweh drängt sich auch der Wunsch nach ökologischer Nachhaltigkeit stärker ins Zentrum. Selten waren Konsumenten und Gäste besser informiert als heute. Sie möchten wissen, woher Produkte stammen und wie sie angebaut oder produziert werden. Damit gerät die Gastronomie in ein Spannungsfeld. Lösen kann dieses unter anderem das Engagement Schweizer Produzenten. Es steigt die Zahl derer, die sich neben konventionell heimischen Produkten auch der Kultivierung begehrter Exoten widmet, um Ressourcen zu schonen und Transportwege zu verkürzen.

«Local Exotics stillen das kulinarische Fernweh auf ökologisch nachhaltige Art.»

Einen besonderen Reiz unter den Exoten lösen Früchte aus. Sie kitzeln die Sinne und lassen sich in der Gastronomie für neue Aromen besonders gut verwerten. Das weiss auch Zitrusbauer Niels Rodin aus der Westschweiz, dessen Bitterorangen, Kaviarlimetten & Co. bei Küchen- und Barchefs im ganzen Land beliebt sind.

«Während kleine Betriebe in der Umgebung mit Produkten arbeiten, die jetzt gerade im Trend liegen – wie beispielsweise Yuzu, sucht die besonders die Spitzengastronomie das, was noch nicht auf dem Schweizer Markt verfügbar ist. Als ‘Citrus Introducer’ habe ich die Möglichkeit, neue Varietäten ins Land zu bringen», sagt der ehemalige Banker. Mit 150 Varietäten arbeite er derzeit sowohl outdoor als auch in seinem Waadtländer Gewächshaus.

Ingwer und Goji aus der Schweiz

Exotik gibt es aber nicht nur in der Westschweiz. Im Tropenhaus Frutigen beispielsweise wachsen unter anderem Bananen, Papaya, Sternfrüchte, Passionsfrüchte, Kumquats, Guaven und vieles mehr. Und im aargauischen
Wohlenschwil baut Jörg Friedli im grossen Stil Chili an. Damit sorgt er mithilfe eines Folientunnels für die nötige Würze aus heimischem Anbau: Seine Habanero Red ist ein besonders scharfes Exemplar. Friedli leistet Pionierarbeit, denn die Kultivierung von Chili ist in der Schweiz klimabedingt bisher nicht verbreitet.

Ein Pionier ist auch Stephan Müller in Steinmaur (ZH). Der Landwirt ist bekannt für seinen frischen Bio-Ingwer, der sich im Gegensatz zur getrockneten Knolle frisch, saftig und hellviolett präsentiert. In der Kernser Edelpilzfarm wachsen Bio-Suisse-zertifizierte Edelpilze wie Shimeiji, Nameko, Enoki und Shiitake.

Bei Christian Weber aus Fischbach-Göslikon gibt es während der Sommermonate sogar Schweizer Wassermelonen – die kernarme Minisorte Swiss Melody. Wesentlich kleiner, aber nicht minder exotisch ist das Produkt, dem sich Familie Räss in Benken widmet: Ihre frischen Schweizer Goji-Beeren in Bio-Qualität haben eine süsse und gleichzeitig herbe Note, die auch zu Fleischgerichten passt. Die Nachfrage nach Goji-Beeren hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht. Sie sind ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie sich etwas aus einer Nische heraus zum Lifestyle-Trend entwickeln kann.

«Pseudogetreide spielt bei einer gesundheitsbewussten, fleischärmeren Ernährung eine wichtige Rolle.»

Ähnliches lässt sich bei den Pseudogetreidesorten wie Amaranth und Quinoa feststellen. Bis vor wenigen Jahren waren sie in der Schweiz weitestgehend unbekannt. Mit dem gesellschaftlichen Wandel hin zu einer gesundheitsbewussten und fleischärmeren Ernährungsweise spielen die Produkte heute eine immer wichtigere Rolle, da sie eine hochwertige Quelle pflanzlichen Proteins darstellen. In ihrer Heimat, den Anden (Peru, Bolivien), ist das Wetter meist trocken und zum Teil durch die Höhenlage rau. «Das hat uns bewogen, den Versuch mit Quinoa auch in der Schweiz zu wagen. Mit Erfolg», sagt Produzent Daniel Stüdi aus dem solothurnischen Deitingen.

Seit 2017 bauen er und Claudia Stüdi Quinoa an. Die Nachfrage sei merklich gestiegen. Das gilt auch für die Süsskartoffel. Mittlerweile ist die Knolle aus Südamerika ein fester Bestandteil des Detailhandel-Sortiments. Ob als Püree oder Fries: Die Süsskartoffel ist in der Schweiz ein beliebtes Produkt – eines, das es dank Produzenten wie Simon van der Veer und Christian Hurni seit einigen Jahren auch aus heimischem Boden gibt. Seit 2014 widmen sich die beiden dem Windengewächs und versorgen den Markt unter dem Namen Batati mit einer nachhaltigen Alternative zur Importware.

 

Ressourcenschonender Anbau

Noch einen Schritt weiter gehen Firmen, die sich nicht nur dem Anbau solcher Exoten widmen, sondern die lokale Produktion platzsparender und effizienter gestalten möchten, als das bisher der Fall war. Ein Beispiel, das die Landwirtschaft und die Versorgung innerhalb von städtischen Regionen dank effizienter Methoden revolutionieren könnte, bietet das Schweizer Food-Startup und ETH-Spin-Off Yasai. Die drei Gründer Philipp Bosshard, Mark Zahran und Stefano Augstburger bauen Kräuter ressourcenschonend in einer Vertical-Farming-Pilotanlage an.

Unter den angebauten Kräutern befindet sich beispielsweise zarte Exoten wie das asiatische Kraut Shiso (zum Rezept mit Shiso), das hierzulande ein Newcomer ist und mit seiner Minznote vor allem in der japanischen und koreanischen Küche zum Einsatz kommt. Das Konzept birgt grosses Potenzial, da es einer gesteigerten Nachfrage platz-, kosten- und klimaeffizient nachkommen kann – nicht nur für Local Exotics, sondern auch für konventionell heimische Produkte.

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